Meine Erfahrung mit dem Racechip Pro 2 und der Rückrufaktion von VW bezüglich des Abgasskandales. Eine Satire über Chiptuning und Volkswagen anhand eines Seat Ibiza 2.0 TDI mit 143 Ps.

Kapitel I – Die Reise beginnt

Alles begann am 18. September 2015 als der VW-Abgasskandal publik wurde. Nur wenige Monate darauf erreichte mich ein Brief von VW, um festzustellen, dass mein 2012er Seat Ibiza 2.0 TDI ebenfalls von der Misere betroffen sei.

Woher Volkswagen meinen Namen und Anschrift wusste, war mir schleierhaft, besonders weil ich meinen Wagen bei einem freien Händler erstand. „Volkswagen Versicherungsdienst Österreich“ lüftete wohl die Büchse der Pandora und suchte alle Betroffenen aus einer zentralen Versicherungskartei zusammen, um diese mit einem ersten Schreiben, über den Kasus in Kenntnis zu setzen.

Infolgedessen erhielt ich noch zwei weitere Schreiben – Einen von Volkswagen selbst, den anderen vom Seat-Händler meines „Vertrauens“. Es folgten zwei bis drei Anrufe. Die ersten beiden um mir zu gestehen, dass es derzeit noch keine Lösung gebe. Der Dritte, dass ich umgehend vorzufahren habe, um meinem Kfz ein Softwareupdate zu verpassen. Klingt einfach, oder?

Kapitel II – Das Kummertal

Gesagt, getan, wurde das Update installiert um wider Erwarten, mit Missmut, festzustellen, ob Placebo oder nicht, dass wenige Pferdchen und geschätzte 10 bis 20 Newtonmeter wohl verloren gegangen sind.

Ganz ehrlich kann ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass so eine simple Neukonfiguration des Steuergerätes ausreicht um den Verbrauch, bei gleichzeitiger Leistungserhaltung, zu senken. Wenn dies so simpel sei, warum ist dies nicht schon damals, beim Bau dieser Schleuder, geschehen?

Als Wiedergutmachung erhielt ich, ebenfalls wider Erwarten, ein Gutscheinheft mit tatsächlichem Wert:

  • Zweimal Reifenumstecken oder Reifen einlagern GRATIS
  • Werkstattgutschein im Wert von € 15
  • Einmal §57a-„Pickerl“ Begutachtung GRATIS
  • Eine Außenwäsche GRATIS

Mit diesem Heftchen in meinem Handschuhfach gab ich Ruhe. Vorerst.

Kapitel III – Der hatte einfach mehr Bums

Nach einer Woche stellte sich langsam Verdruss ein. 143 PS und 320 Nm in einem Common-Rail-Turbodiesel mit knapp nur 1170 kg hatten sich bereits anders angefühlt. Zwischen 3000 und 4000 Umdrehungen pro Minute ging spürbar der Saft aus. Und auch sonst hatte mein Popometer etwas anderes im Gedächtnis.

Kapitel IV – Rettungsversuche

Schon damals drohte ich mit den Worten: „Wenn der nimmer so guad geht wie vorher, donn kum i wieder!“. In einer E-Mail an meinen Freundlichen versuchte ich mich zu erklären und bettelte, ob es nicht doch irgendwie möglich sei, etwas mehr Druck in die Hütte zu bekommen. Aufgrund der Beurlaubung des Werkstattmeisters, verschob sich der Rückruf etwas. In diesem wurde mir leider, wie erwartet, mitgeteilt, dass Seat nichts, aber auch gar nichts an der Leistungsschraube drehen darf.

Kapitel V – Der RaceChip

Genaugenomen handelt es sich um den Pro 2, eine Tuning-Box von RaceChip, die ich seit wenigen Tagen mein Eigen nenne. € 250 inklusive Versand, waren für mich in Anbetracht von +35 PS und +75 Nm ein akzeptabler Preis. Bestellt und zwei Tage später schon geliefert, wurde die kleine Plastikbox von Racechip, an einem halben Samstag, von mir ausgiebig getestet. Missmutig stellte ich fest, dass anstatt wie auf der Website und den, per E-Mail gesendeten Einbaufotos, ein Kabelbaum mit nur einem Stecker für die Rail geliefert wurde. „Ein Kabelbaum ohne Anschluss für den Ladedrucksensor? Das kann ja heiter werden“, dachte ich.

Racechip Box aufgeschraubt und gleich auf „Abstimmung 3“ war meine erste Tat, noch vor dem Lesen der kompletten Gebrauchsanweisung.

Kapitel VI – Der Einbau

Einfach und in weniger als fünf Minuten ging der Einbau von Statten. Wie ein Werkstattmeister riss ich die Motorabdeckung herunter und kloppte diese in den Kofferraum. Kabelbaum reinfriemeln und die Box halbwegs sicher im Motorraum platzieren.

Kapitel VII – Die erste Fahrt

Nach fünf Kilometer warm fahren gab ich die ersten Gasstöße und drehte nicht höher als 3000 rpm. „Fühlt sich nicht grade nach 35 PS Mehrleistung an“, dachte ich. Auch nach weiteren Tests und höhere Drehzahlen stehlte sich der Wow-Effekt nicht ein. Nachdem ich den Motor nach weiteren fünf Minuten Fahrt etwas runter kühlte, stellte ich den Wagen im nächsten Dorf ab, öffnete die Motorhaube und versperrte das Auto wie angegeben. Nach mehr oder weniger exakt zehn Minuten wurde die Motorhaube geöffnet, der Chip vom Kabelbaum getrennt, die Box geöffnet und Schalter S1 um 2 Schritte erhöht. Bei jeder Stufe soll sich angeblich die Leistung um 1,5% erhöhen. Mit einigen Minuten warm fahren, testen, kalt fahren und abstellen verbrachte ich so gut und gerne den überaus schönen Samstagvormittag. Der Drehschalter S2 bescherte mir sogar eine kurze Fahrt im Notlaufprogramm. Hier meine Testergebnisse:

  1. Werksseinstellung B1 – nicht getestet
  2. Abstimmung F-4 – OK
  3. Abstimmung 1-5 – Notlauf ab 4000 rpm
  4. Abstimmung 3-4 – OK
  5. Abstimmung 5-4 – OK
  6. Abstimmung 7-4 OK

Letztendlich war die Mehrleistung auf maximaler Stufe durchaus zu spüren und es bescherte mir viel Freude. Im 2. Gang gingen bei 2000 Umdrehungen jedes mal die Räder durch und das bescherte mir ein breites Grinsen.

Kapitel VIII – Der Ausbau

Ein anderer Tag. Es ist 7:20 Uhr und ich bin auf dem Weg in die Arbeit. Der Motor war nach 15 Kilometer sicher warm, die Ansaugluft sicher um einige Grad kühler. Ich überhole und nachdem der Überholvorgang gut begann durfte ich diesen im Notlaufprogramm zu Ende führen. Neun Stunden später beim nach Hause fahren die selbe Geschichte: Notlauf bei 140 km/h. Toll. Das Teil kam raus und ging zurück. Racechip hat auf meine E-Mail nie reagiert.

Bildquelle: CC 2.0 by Werner Bayer, Peugeot Dakar 2015 rallye, 2008 Dkr, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/